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SISTRUM

Klassifikations-Nr. (nach Hornbostel-Sachs):
112.122 Gleitrassel
Schüttelidiophon mit Rasselscheiben, die in einem Rahmen auf zwei beweglichen Stäben gleiten.
Inventar-Nummer:
IVN Sistrum 1-a
Name des Instrumentes (allgemeine Bezeichnung):
Sistrum (Gleitrassel im Rahmen mit zwei bewegliche Stäben und je drei Rasselscheiben)
Terminologie (einheimische Bezeichnung):
ts'anats'el / sanasel (amharisch)


Photo / Zeichnung:

Objekt:
Fund:
erhalten von:
gekauft von/in: Addis Abbaba, 1975
beschrieben in: Mondon-Vidailhet 1922:3184; Forkel 1788 I:84f.; H. Mendel; Powne 1968; Kebede 1971; Baumann 1980; Grove 1954; Hickmann 1998 (Bibliogr.).

Objektbeschreibung:
Form: 25 cm hoch; 8,4 cm breit; lyra-förmig
Material & Technik: Stab aus Holz; Rahmen aus Messing; 2 x drei Blechscheiben auf 2 Drähten
Verzierung/Zeichen:
31 rechteckig gestanzte Löcher je im linken und rechten Lyra-Rahmen. Lyra-Rahmen in zwei Spitzen auslaufend, welche miteinander mit einem dreieckigen Stab verbunden sind. Der Griff steckt in einer Umfassung, die mit einem seitlich eingeschlagenen Nagel fixiert ist.

Beschreibung
(nach Hornbostel Sachs):
Idiophon (1), geschlagen (11), mittelbar geschlagen (112), in Schüttelbewegung (112.1), mit gleitenden Rasselkörper (112.122)

Herkunft: Instrument der äthiopisch-orthodoxen Kirchentradition

Hersteller: unbekannt

Ortsbelege: Äthiopien, Addis Abbeba, Gondar etc. und ganz allgemein in äthiopisch-orthodoxen Kirchen.

Zeitbelege: vor allem schon im 18. und 19. Jahrhundert.

früheste Erwähnung (erstes Objekt): Altägypten, Altmesopotamien.

Wer (Träger): Priester der äthiopisch-orthodoxen Kirche

mit wem gespielt: zusammen mit anderen Priestern (oft z. B. in zwei Reihen)
wann gespielt: während der Liturgie, auch während Begräbnisfeiern (vor dem aufgebahrten Toten)
wo gespielt: in der Kirche, im Kirchhof und im Freien bei Prozessionen
zusammen mit was für
anderen Instrumenten
oder Gesängen:
kebero (große Trommel): Singen der Priester und der Gemeinde; auch bei Priestertänzen

welche musikalische Handlung
wird ausgeführt:
Feier des Gottestdienstes; antiphonales Singen / Psalmodieren / Singen von Hymnen (z.B. Michaelis-Hymnus); Weihnachtsgesänge

Symbol:
bei den alten Ägyptern galt das Sistrum als Fruchtbarkeitssymbol

Legende/Sage:
Das Sistrum soll vom hl. Yared (geb. 496) erfunden worden sein, nachdem er den Gesang der drei Vögel gehört hatte (vgl. Bilddarstellungen).

Spieltechnik (Skala, etc.):
Das Sistrum wird in der rechten Hand gehalten und im Takt hin- und herbewegt (es ist kein dauerhaftes und schnelles Schütteln belegt).

Musikalische Möglichkeit:
Takt- und Rhythmus-Instrument

Spielrepertoire:
vgl. Aufnahmen LP Ethiopia I: Copts. Unesco Collection BM 30 L 2304

Geschichtliche Hinweise:
Übernahme von der ägyptisch-koptischen Kirche(?); das Instrument ist heute vorwiegend nur noch in Äthiopien verbreitet. Nach Ovid soll das römische Sistrum der Römer von Ägypten übernommen worden sein.

Stimmung:
Eintoninstrument (vgl. Draeger 1948)

Querverweise/Abbildungen
Sammlungen:
Einfache Sistren in Schwarzafrika und vereinzelt auch in Amerika, häufiger in Asien; in Altägypten seit dem ausgehenden 3. Jahrtausend v. Chr.; auch in Altmesopotamien; Naos-Sistrum (sescheschet / Tempel-Emblem); ägyptisches sekhem (heiliges Sistrum der Göttin Hathor; Isisreligion; vgl. Hieroglyphen (Bügelsistrum); des weiteren das wusumba der Kissi in Guinea und Kokosnuß-Schalenrassel (Malaia/Melanesien) zur Haifischjagd.

Literatur:
Hickmann, Ellen: "Sistrum" in MGG. Sachteil Bd. 8, 1998:Sp.1491-5 (Bibliogr. Abb.).

Tonaufzeichnungen:
Äthiopien: 20.2.1976, Priester der Michaelis Kirche in Ambaras:
Michaelis-Hymnus: Sologesang und anschließende Chor Archiv Nr. 18:45-72

Bemerkungen:

s. auch Hickmann, Ellen: "Rasseln" In: MGG. Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Sachteil. Bd. 8. Kassel, Basel u.a.: Bärenreiter, 1998:Sp. 73-88.

Ethnomusikologie / Volksmusik, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Systematik der Instrumentenkunde
© 1998 zusammengestellt von max-peter.baumann@ppp.uni-bamberg.de
Stand 25. 10. 1998; zuletzt geändert am 23. 12. 1998.

http://www.uni-bamberg.de/~ba2fm3/Instr-protokoll1.htm