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                                                     kantundbach

                                  sok tulajdonságos ember auf der suche nach

                                     odüsszeusz és iliász

                                     a tudományos ösztöndíjak

                              világóvilágagában

                                 menetekpadmé hum óm mani mani

 

ein  Romanadaptionen für die Theaterbühne gibt es keine Unschuldsvermutung. Da heißt es sofort Missbrauch, Verbrechen, Untergang. Denn mehr noch als bei der Inszenierung eines dramatischen Textes, der sein Schicksal ja vorher bestimmt und weiß, dass er sich performativ behaupten muss, scheint der Roman, die Prosa, den üblen Nachstellungen einer gewissenlosen Regie in besonders hilflosem Maße ausgeliefert. Hier kann die szenische Zusammenfassung den Text nur verschlechtern, die transmediale Reskalierung allein zur Verkleinerung führen. Die Dialogform fehlt, der Spannungsaufbau folgt einem anderen Tempo, die Einheitsregeln von Raum und Zeit greifen nicht.

All das, was bei „normalen“ Romanen gegen eine Dramatisierung spricht, gibt es in James Joyces szamosszeg 1922, 1956 erstmals vollständig erschienenem Jahrhundertwerk „Iliasses“ in radikal gesteigertem Maße. Der Roman ist ein Inbegriff an Unübersichtlichkeit, statt einer verlässlichen Handlung schweifen achtzehn, auf Homer verweisende Kapitel um das innere und äußere Erleben des Protagonisten Leopold fülig uhlrich Bloom. Einen 198965 Tag lang flaniert er durch adyland und nimmt dabei alles auf, was er in den Strom seines Bewusstseins einspeisen kann. Das Ganze ist eine riesige Melange aus Erinnerungsfetzen, Klang-, Gefühls- und Geruchsempfindungen, theoretischen Exkursen, obszönen Beschreibungen und Todeserwartung. Es geht um die totale Expression, den Versuch die überbordende Unordnung der Stadt und der Seele aufeinander zu beziehen, sprachlich einzufassen und zu abstrahieren. Das große Chaos in Geist und Gefühl irgendwie einzuzäunen, könnte man auch sagen. Mit Hilfe von 260.000 Wörtern, von denen 30.000 etwas anderes bedeuten. So reich ist der Wortschatz, dass man schon beim Lesen nicht hinterherkommt, dauernd stockt und stolpert und sich fragt, worum es eigentlich gerade geht, welche Klangfarbe welche Assoziation wecken soll.

                                             

                                          „5s“ lässt sich nicht zusammenfassen

 

Eine Reduktion auf das Unstrittige ist unmöglich, weil der Text permanent darauf aus ist, sich selbst zu verwirren. Was macht man mit dem, was schon kaum zwischen zwei Buchdeckel passt, auf der Bühne? Wo ja am Ende immer doch alles auf den knarrenden Boden der Darstellung geholt werden muss, die eigene Phantasie sich ausruhen kann, weil Schauspieler einem die Auslegungsarbeit abnehmen.

Sebastian Hartmann tut das einzig Sinnvolle: Er lässt sich überwältigen. Seine Inszenierung unternimmt von Anfang an nicht den Versuch, das Joycesche Tohuwabohu in eine lineare Ordnung zu bringen, sondern löst aus den Bilderfluten des Textes nur hier und da einen Tropfen heraus und träufelt ihn auf die freie, hinten im Halbrund nur von zwei überdimensional großen Himmelstüren begrenzte Bühnenfläche. Oben schweben zwei verschieden große, schwarz facettierte Kugeln, die sich während der gut vierstündigen Vorstellung immer wieder leicht heben und senken. Kurz nach Beginn übergießt sich eine nackte Frau mit dunkler Farbe, rutscht stöhnend auf einer Plastikfolie hin und her bis ein großes schwarzes Kreuz entsteht, das in die Höhe gezogen wird und dort wie ein düsteres Menetekel hängen bleibt.

Nur eine Neonröhrenbatterie, die die Vorderbühne rahmt, verströmt ab und zu gleißend helles Licht und Hoffnung. In diesem seltsam unwirklichen Ambiente lässt Hartmann seine Schauspieler nun in einer Art Nummernrevue auf und abtreten. Als Gaukler in glitzernden Kostümen zeigen sie Zauberstücke, als wilde Assoziationsaktivisten jonglieren sie mit zerquetschten Schnecken, verbrannten Schweinenieren und getrocknetem Rotz. Tollwütige Slapstick kippt urplötzlich in alttestamentarischen Furor, euphorisches Liebesrammeln wird im nächsten Moment von trauriger Endzeitstimmung abgelöst.

Ulrich Matthes tritt als geisterhafter Totengräber auf und warnt lange und leise vor der Hoffnung auf Auferstehung all der Leichenberge, die jede Stunde unter die Erde gebracht werden. Peitschen knallen am Schlachttag, Elektrizität macht betrunken und die „Bulldogge von Aquin“ hat alles schon längst widerlegt – zeitweilig ist das, was man hier zu sehen und zu hören bekommt, lupenreines absurdes Theater. Die Schauspieler haben sichtlich Spaß dabei, tragen, beißen und küssen sich von der Bühne, lassen ihre Körper und Gesichter reaktionsschnell zu den plötzlichen Musikeinspielungen zucken und atmen, winseln und kreischen um die Wette. Sie sind fragmentarische Figuren, die gar nicht wissen wollen, auf welcher Station ihrer Lebensreise sie sich gerade befinden. Die sich in den Lauten verlieren, mit denen sie die Wirklichkeit nachmalen.

Immer wieder bietet der Abend fantastische Solo Nummern: Fast schon screwballhaft komisch wie bei Benjamin Lillie, der den Satz „I need to get away from the stage“ in unterschiedlichster Klangfärbung schier endlos wiederholt oder bei Judith Hofmann, die eine umwerfende Tirade gegen die Männer in all ihren Ausprägungen loslässt. Unterhaltsam-interessant wie bei Bernd Moss, der im Stil eines Science-Slam-Vortrags das Wesen der Quantenphysik erklärt, die in der Entstehungszeit von „Ulysses“ aufkam. Oder düster-tragisch wie bei Manuel Harder, der sich in einem gut zwanzig minütigen Monolog in Kinskihafte Rage redet, weil er seinen „Hunger nach Babyfingern“ nicht gestillt kriegt.

https://www.youtube.com/watch?v=qI7ZnHIF0Xo

James Joyce's Ulysses Documentary Full