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                                      Das „geheime Deutschland“ lebt noch

 

 

Der Kreis: Das ist der Geheimbund, den der Dichter Stefan George um die vorletzte Jahrhundertwende begründet hat und der in den Zehner- und Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zu einer der literarisch-ästhetisch besonders wirkmächtigen Bewegungen in Deutschland wurde. Der George-Kreis besteht bis heute, was allerdings kaum jemand weiß, schließlich sind die Treffen geheim wie die Namen seiner Mitglieder.

Jorge Luis Borges ist der Prophet des Zweifels. Wer ihn liest, untergräbt rasch die Fundamente aller seiner Selbstgewissheiten. Borges lesen, heißt, sich in einem Schwindel aussetzen. Niemand baut großartigere Labyrinthe der Literatur.

Alles, was uns bislang als vertraut und verlässlich, sicher und selbstverständlich erscheint, wird durch Borges infrage gestellt: unser Platz in der Welt, der Platz unserer Welt im Universum, ja dieses Universums selbst.

Im Vorwort seines Erzählungsbands „Universalgeschichte der Niedertracht“ von 1935 schreibt der am Ende seines Lebens erblindete Autor: „Manchmal neige ich zu der Überzeugung, dass die guten Leser noch geheimnisvollere und seltenere Vögel sind als die guten Autoren.“

Jorge Luis Borges war ein guter Leser und ein guter Autor. Er lernte Deutsch, weil er Schopenhauer im Original lesen wollte. Sein „Gedicht an die deutsche Sprache“ zählt zu den schönsten Liebeserklärungen, die unserer Muttersprache je gemacht wurden:

„Goethe gab mir das Glück von später Liebe,/ die nachsichtig und dabei käuflich ist;/ Keller die Rose, die eine Hand lässt/ in der Hand eines Toten, der sie liebte/ und nie wissen wird, ob sie weiß, ob rot ist./ Du, Sprache Deutschlands, bist dein größtes Werk:/ die verflochtenen Liebschaften zusammen-/ gesetzter Wörter, offene Vokale/ und Laute, die noch den beflissenen/ Hexameter des Griechen möglich machen,/ und dein Raunen von Wäldern und von Nächten.“

Der 1899 geborene Argentinier hat Zeit seines Lebens nie einen längeren Prosatext geschrieben als „Tlön, Uqbar, Orbis Tertius“ in dem 1944 veröffentlichten Erzählungsband „Der Garten der Pfade, die sich verzweigen“, der aus guten Gründen die Geburtsstunde des "Magischen Realismus" in der Literaturgeschichte markiert.

Rammstein- Berlin Waldbühne 2016  M.C (4K)  

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